(Überwachungskamera: Jesse Kempson trägt den nackten Leichnam der 22-jährigen Grace Millane in einem Koffer aus dem Motel, in dem er wohnte)
Auckland. Heute vor einem Jahr ist der damals 28-Jährige Jesse Shane Kempson vor dem Obergericht Auckland wegen Mordes an der damals 22-Jährigen Grace Emmie Rose Millane schuldig gesprochen worden. Herr Kempson hat erstmals nach 17 Jahren Inhaftierung die Möglichkeit, einen Antrag auf Aussetzung der lebenslangen Haftstrafe zur Bewährung zu stellen.
Ein Gutachter würde im Laufe der Gerichtsverhandlung bestätigen, dass nicht ausgeschlossen sei, dass der sexuelle Kontakt zunächst einvernehmlich gewesen sein könnte, da in der Obduktion keine entsprechenden Verletzungen im Intimbereich der Frau festgestellt worden waren.
Auch könnte die Alkoholisierung der jungen Frau zu deren Ableben beigetragen haben. U. a. waren Kameraaufnahmen des CityLife-Hotels in Auckland, in dem die Tat stattfand, Beweismittel in der Verhandlung.
Herr Kempsons Pflichtverteidigerteam, das den neuseeländischen Staat mindestens 400.000 Neuseeland-Dollar gekostet haben soll, argumentierte zunächst, dass das Opfer an masochistischen Sexpraktiken interessiert war und deren Tod ein Unfall gewesen sei und er nach der Feststellung des Todes in Panik reagierte und den Körper des Opfers kurzerhand in einem Koffer an einem nahe gelegenen See ablegte.
Herr Kempson wurde jedoch, nachdem sein Name nach Aufhebung einer entsprechenden gerichtlichen Anordnung publik wurde, von zumindest zwei weiteren Frauen der Vergewaltigung bzw. versuchten Vergewaltigung beschuldigt. Diese Umstände haben dazu beigetragen, dass sich das Gericht, das u. a. aus sieben weiblichen und fünf männlichen Schöffen bestand, nach fünfstündiger Beratungszeit auf Schuld im Sinne der Anklage festlegte.
Außerdem soll ermittelt worden sein, dass der Verurteilte nach dem Ableben des Opfers online u. a. nach Möglichkeiten der Beseitigung einer Leiche suchte sowie Pornographie konsumierte, was gegen die Version der Reaktion „in Panik“ sprach. Auch auf Kameraaufnahmen des Hotels wirkte der junge Mann nach der Tat sichtlich ruhig und abeklärt.
Die Eltern des Opfers waren aus Großbritannien angereist und bei der Verhandlung anwesend; sie weinten, als die Kameraaufnahmen im Gerichtssaal vorgespielt wurden. Drei Tage, nach dem die Tochter nicht auf die übers Handy verschickten Geburtstagswünsche an diese reagierte, wurde sie von den Eltern als vermisst gemeldet.
Es muss für die Eltern auch unerträglich gewesen sein, die bizarre Fantasiegeschickte des Mörders ihrer Tochter von angeblich einvernehmlichen masochistischen Sexpraktiken zu hören, die zu ihrem Tod geführt haben sollen. Der Journalist Sian Norris vom Blatt „The Guardian“ bezeichnete diesen Verteidigungsversuch als groteskes Opfer-Bashing, wörtlich auf Englisch: „grotesque victim blaming“.
Weniger als ein Jahr nach der Verurteilung verstarb zum unermesslichen Leid der trauernden Mutter auch noch ihr Ehemann / der Vater des Opfers.